Polizist verliert vor Gericht: „Wollen Sie mich ficken?“ ist keine Beleidigung

Stell Dir vor, Dein 15-jähriger Sohn kommt nach Hause, schmeißt seine Tasche in die Ecke und auf Deine Aufforderung, sie wegzuräumen, antwortet er mit: „Willst du mich ficken?“ – Bei den meisten Eltern dürfte das für Ärger sorgen. Doch was passiert, wenn diese Worte nicht innerhalb der Familie, sondern gegenüber Polizisten fallen?

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Wir wollen uns zuerst einmal dafür entschuldigen, dass wir das böse "f"-Wort jetzt ein paar Mal benutzen werden...

...doch klar ist, dass vor allem die heutige Jugend das Verb „ficken“ nicht nur für die Beschreibung von sexuellen Handlungen nutzt.

Im Gegenteil. Die Bedeutung reicht von „Willst du mich dran kriegen?“ bis „Willst du mich nerven?“. Aber eins ist sicher: Es ist und bleibt herablassend und unhöflich.

Doch wofür die meisten Jugendlichen richtig Ärger bekämen, bekam ein 71-jähriger Mann nichts. Und das, obwohl er diese Antwort nicht seiner Mutter, sondern zwei Polizisten gab.

Deutsche Gründlichkeit

Während einer Verkehrskontrolle wurde der ältere Herr gebeten, sich einem Alkoholtest zu unterziehen. Dies verweigerte er. Daraufhin unterzogen die Beamten sein Fahrzeug einer genauen Kontrolle und hielten ihm einen Vortrag über die Vorschriften zur Ladungssicherung.

Missverständnis oder Beleidigung?

Der Mann zeigte sich wenig begeistert über diese Aktion. Als dann auch noch einer der Polizisten während der Durchsuchung zu seinem Kollegen sagte: „Das ist wohl ein Unbelehrbarer. Mach Du mal weiter.“ und der zweite Polizist darauf zu allem Überfluss auch noch das Warndreieck, den Verbandskasten und die Warnweste sehen wollten, platzte dem Rentner endgültig der Kragen. Wütend fragte er: „Wollen Sie mich ficken? Haben Sie nichts anderes zu tun?“

Die Beamten fühlten sich beleidigt und stellten eine Anzeige.

Gericht: Keine Beleidigung, kein Strafgeld

Das Amtsgericht Neu-Ulm musste entscheiden: War diese Wortwahl eine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB? Das Urteil: Nein!

Das Gericht sah in der Äußerung keine strafbare Beleidigung, sondern eine überspitzte Formulierung des Unmuts über die Verkehrskontrolle. Die Richter glaubten dem Angeklagten, dass er mit der Frage ausdrücken wollte, ob die Beamten ihn schikanieren.

Die Konsequenz: Statt der geforderten 30 Tagessätze á 20 Euro wurde der 71-Jährige freigesprochen. Eine Geldstrafe blieb ihm erspart.

Hat er noch einmal Glück gehabt

Denn der größte Witz ist, dass es normalerweise schon für gefühlt weit weniger schlimme Ausdrücke Strafen gibt. „Du Mädchen!“ sollte man sich zum Beispiel gegenüber einem Polizisten besser verkneifen. Denn das kostet dann schnell einmal 200 Euro. Auch duzen darf man nicht.

Gott sei Dank hatte er auch nicht „Willst Du mich ficken?“, sondern "Wollen Sie mich ficken" gefragt. Denn das wäre ansonsten richtig teuer geworden.

In diesem Fall half dem Angeklagten wohl auch die Höflichkeitsform – ein „Wollen Sie mich ficken?“ wurde nicht als grobe Beleidigung gewertet, wohingegen die direkte Ansprache mit „Willst du…?“ vielleicht anders ausgegangen wäre.

Was bedeutet das für Dich?

  1. Nicht jede provokante Aussage ist strafbar, aber sie kann rechtliche Konsequenzen haben.

  2. Gerichte berücksichtigen den Kontext und die Intention hinter einer Aussage. Es wird also immer geschaut, in welchem Zusammenhang und warum Du etwas gesagt hast. 

  3. Höfliche Formulierungen können manchmal den Unterschied machen, wenn es um mögliche Strafen geht.

Fazit

Obwohl die Wortwahl des Mannes als unhöflich und provokant galt, bewertete das Gericht die Frage nicht als Beleidigung im strafrechtlichen Sinne. Das Urteil zeigt, dass der Zusammenhang einer Äußerung eine entscheidende Rolle spielt. Trotzdem solltest Du Dir gut überlegen, wie Du mit Polizeibeamten sprichst – denn die Erfahrung zeigt, dass solche Anzeigen wegen Beleidigung selten gut für den Angeschuldigten ausgehen... Solltest Du oder jemand, den Du kennst, rechtliche Fragen zu einem ähnlichen Fall haben, solltest Du deshalb dringend einen Fachanwalt für Strafrecht hinzuziehen.

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Gerichtsurteil zum Thema:

  • Amtsgericht Neu-Ulm, Az. 5 CS 116 JS 5440/15 (§ 185 StGB)

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