Erben & Vererben

Keinen Anspruch mehr auf den gesetzlichen Erbteil: Wer sich „ein für alle Mal abgefunden“ hat, verzichtet auf alles

Eigentlich wollte er nach dem Tod der Eltern lediglich einen Erbschein als Alleinerbe beantragen. Grundsätzlich kein Problem, wäre da nicht die Schwester gewesen, die dies nach Kräften zu verhindern versuchte...

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Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1991 schloss die Mutter mit ihren beiden Kindern einen sogenannten „Erbauseinandersetzungsvertrag“. Darin verpflichtete sich der Sohn, seiner Schwester 100.000 DM auszuzahlen. Im Gegenzug erklärte die Schwester in dem Vertrag, dass sie nach dem Erhalt des Geldes „vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male" abgefunden sei. Damit waren alle zufrieden. Der Bruder zahlte und wähnte sich ab diesem Zeitpunkt als alleiniger Erbe.

Doch was ist mit dem Anspruch auf den gesetzlichen Erbteil nach einer Abfindung?

Als der Sohn nach dem Tod der Mutter jedoch ein einen Erbschein als Alleinerbe beantragen wollte, schaltete sich die Schwester ein und behauptete, sie sei nun auch Erbin geworden. Und zwar würde ihr zugegebenermaßen nichts mehr vom gesetzlichen Erbe zustehen, aber nirgends im Vertrag würde explizit stehen, dass sie nach der Abfindung von 100.000 DM auch auf ihren gesetzlichen Erbteil verzichtet hätte. Und den forderte sie nun ein. Denn im Vertrag stünde nichts von einem allgemeinen "Erbverzicht" sondern nur, dass sie damals abgefunden wurde.

Ausschlaggebend ist die Absicht des Vertrages

Der Fall landete vor Gericht. Doch die Richter entschieden relativ schnell: „Es muss für jeden juristischen Laien - also auch für die Schwester - klar sein, dass durch eine solche Vereinbarung der Erbteil „abgekauft“ werden sollte. Dabei ist es im Ergebnis völlig egal, ob das Wörtchen „Erbverzicht“ tatsächlich verwendet wurde…“ Zu guter Letzt hatte der Sohn also vor dem Oberlandesgericht Hamm Erfolg und bekam anschließend seinen Erbschein als Alleinerbe.
 
Textbezogene Paragraphen / Urteile:
Oberlandesgericht Hamm Beschl. v. 22.07.2014, Az. 15 W 92/14
§ 2346 BGB

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