Wenn die Polizei mit Blaulicht und Martinshorn fährt, müssen alle anderen Verkehrsteilnehmer Platz machen. Doch kommt es trotzdem zum Unfall, haben Polizisten nicht automatisch das Recht auf ihrer Seite…

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Die Polizei hat immer Recht...oder doch nicht?

Die Polizeibeamten hatten es eilig, da ein Notruf eingegangen war.

Mit Blaulicht und Martinshorn rasten sie über die Straßen, doch nach einigen Kilometern fuhr der Polizeiwagen auf einen vorausfahrenden Kleinbus auf. Die Fahrerin war verunsichert gewesen und hatte stark und unerwartet abgebremst, statt rechts an die Seite zu fahren.

Das Landgericht wies daraufhin die Schuld an der Kollision zu 100 Prozent der Frau zu: Diese hätte dem Einsatzfahrzeug sofort Platz machen und an den rechten Fahrbahnrand fahren müssen. 

Zu dichtes Auffahren ist verboten

Doch die Frau sowie ihre Versicherung legten daraufhin beim Oberlandesgericht (OLG) Berufung ein -  und erhielten Recht!

Denn nach Ansicht der Richter hatte der Fahrer des Polizeiwagens schlicht und einfach nicht genügend Abstand gehalten. Er hätte nämlich damit rechnen müssen, dass Fahrer aus Unsicherheit falsch reagieren, deshalb gelte auch für Einsatzfahrzeuge ein Sicherheitsabstand!

Das Gericht wies dem Polizisten daher eine Mithaftung von 25 Prozent zu, die das Land Niedersachen, zuständig für die Polizei, nun zahlen muss.

Blaulicht und Martinshorn sind kein Freifahrtschein!

Dieses Urteil bedeutet im Klartext: Auch Polizisten müssen vorsichtig fahren, trotz der Sonderrechte, die sie bei Einsatzfahrten in Anspruch nehmen dürfen. Eine Freifahrtschein zum grenzenlosen Rasen sind also auch Blaulicht und Sirene nicht, und die Beamten müssen immer so fahren, dass sie jederzeit noch reagieren können.

Unabhängig davon sind Verkehrsteilnehmer natürlich trotzdem verpflichtet, Einsatzfahrzeugen Platz zu machen. Das schreibt der Paragraph 38 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vor. Demnach gilt: Nähert sich ein Fahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn, langsamer fahren und den Beamten ein zügiges Durchkommen ermöglichen. Wer sich nicht daran hält, muss ansonsten mit Sanktionen rechnen.

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Textbezogene Paragraphen / Urteile:
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 5. März 2015, Aktenzeichen: 1 U 46/15
Straßenverkehrsordnung (StVO), Paragraph 38

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